Miis Wallis - Michael Brunner

15.11.2022   Michael Brunner

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Michael Brunner

«Sie sind – ähm – nicht von hie… Also ähm, sind Sie Walliser?» «Ja», antworte ich – ehrlicherweise auch etwas stolz.

Seit vielen Jahren lebe ich nun schon im Grossraum Zürich. Wann immer ich in der Bäckerei, im Restaurant oder an der Bushaltestelle den Schnabel aufmache und ihn so verwende, wie er mir eben gewachsen ist, strömt mir eine Welle der Sympathie entgegen. Unser Dialekt ist eine Marke, und Marken sind immer mit Emotionen verbunden. Klar, ich finde mich dann auch manchmal in einer unfreiwilligen Diskussion über Wölfe, Naturschutz oder Korruption in Sportverbänden wieder. Zweifellos geht es aber in überdeutlicher Mehrheit um Ferienerlebnisse in den Walliser Bergen. Die Leute erzählen mir von Fendant und Raclette oder auch, wie sympathisch sie unseren kurligen Dialekt finden. Wir sind die Exoten und wir werden es wohl trotz moderner Tunnelbaukunst und Internet-Flatrate noch lange bleiben. Wir sind die hinter den Bergen, das Naturvolk, das Zusammenhalt und Überlebensstrategien zwangsläufig lernen musste.

Menschen mögen Exoten, man hat die Walliser gern. Wenn ich im Wallis bin, ist es oft und gerne umgekehrt. «Äs tumms Grüäzi». «Fa de nit afa Grüezinu!». «Wenn müäsch widär ämüs zä Grüäzini?».

Zugegebenermassen gab es für mich schönere Momente, als mein VS-Autoschild gegen ein ZH auszutauschen. Aber ich habe es überlebt, relativ schmerzfrei sogar. Ich wurde auch nicht gezwungen, meinen Wohnort zu verlegen, das tat ich freiwillig. Und ich wurde wirklich freundlich aufgenommen. Zudem ist es nicht weit weg, man ist schnell im Wallis, sooo gross ist die Schweiz ja nicht.

Und genau deshalb vermisse ich ehrlich gesagt manchmal etwas Zusammenhalt über die Kantonsgrenze hinaus. Weil wir Walliser ja eigentlich die wären, die «Zämmuhaa» von Grund auf gelernt hätten. Zusammen geht besser als alleine, gerade in einem Land das sooo gross gar nicht ist.

Michael Brunner kommt ursprünglich aus Eischoll und ist in Brig und Raron aufgewachsen. Seit 2007 ist er als Moderator bei Radio SRF 1 tätig; davor war er Leiter Moderation und Unterhaltung beim Oberwalliser Lokalsender RRO Radio Rottu Oberwallis. Zu seinen Hobbys zählt er Kochen, Tauchen, Modellflug und Segeln.

Erstmals erschienen in unserer Hauszeitung Wallis AKtuell Ausgabe Winter 2019